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Eine Fahrradtour durch die Baja California von San Diego (USA) nach La Paz (Mexiko) (31.01.- 27.02.2010)
Bei der Zwischenlandung in Philadelphia greift der Winter noch einmal richtig zu! Fast - 10 ° C, Schneesturm und stundenlange Warterei wegen der Enteisung der Tragflächen. Das kostet Zeit. Doch irgendwann setzt die Maschine in einer lauen Januarnacht auf. Dorothee Hoffmann und Dr. Lutz Gebhardt sind im Frühling von San Diego gelandet.
Unsere Welt wäre geradezu perfekt, wenn auch die Fahrräder im Flugzeug gewesen wären. Waren sie aber nicht! So ist es eine elende Buckelei, wenn man zu zweien 10 Packtaschen, Zelt und Isomatten einzeln tragen muss. Zum Glück bringt die nächste Maschine das Vermisste, und am frühen Nachmittag des nächsten Tages kann bei Sonnenschein, 17 Grad, aber kaltem Wind die Tour starten.
Die ersten 60 km geht´s durch den bergigen Süden der USA, ehe wir die Grenzstadt Tecate erreichen. Nur ein paar Häuser haben sich auf die nördliche Seite der Linie verirrt, die eine der brisantesten Grenzen in Amerika darstellt. Auf der anderen Seite pulst das Leben einer Stadt mit ca. 60.000 Einwohnern. Beim Grenzübergang wollen wir ja nichts falsch machen und nähern uns der Demarkationslinie. Ein Pfiff und entsprechende Gesten machen uns klar – Radfahrer reisen mit den Fußgängern ein. Gespannt, was nun kommen mag, schieben wir die Räder langsam den schmalen Fußweg entlang. Und plötzlich stehen wir in Mexiko! Das ist aber nur körperlich richtig, denn nach unseren Pässen sind wir noch in den USA. Weder ein mexikanischer noch ein amerikanischer Grenzbeamter waren zu sehen. Also wieder zurück!
Irgendwo versteckt finden wir dann ein Büro, wo uns ein Mexikaner zur heißen Mittagsstunde einen Stempel in den Pass knallt. So sind wir nun wenigstens auch dokumentarisch in das Land eingereist, in dem wir uns befinden. Froh darüber, überhaupt einen neuen Stempel im Pass zu haben, findet die nicht belegte Ausreise aus den USA keine gebührende Beachtung.
Abgesehen von der Großstadt Ensenada sind alle Ortschaften irgendwie komisch. Das, was man an typischer Ortsstruktur aus Lateinamerika kennt - eine Plaza, um die sich alles Wichtige gruppiert -, sucht man hier vergeblich. Hier ist die schmuddelige Erscheinung lateinamerikanischer Dörfer mit dem öden Bild der nordamerikanischen Straßensiedlung kombiniert. Da auch noch Ortseingangsschilder Glückssache sind, weiß man nie, ob man schon richtig im Ort drin oder schon wieder draußen ist. Die Versorgungslage ist gut, selbst in der kleinsten Hüttenansammlung bekommt man immer zu Essen und zu Trinken - wenn auch nicht immer das, was man sich gerade vorgestellt hat.
Am Fuße der Desierto Central müssen wir uns für die nächsten Tage mit Lebensmitteln eindecken, denn auf den nächsten 350 km soll es keine Geschäfte mehr geben. Dieser Abschnitt ist der erwartete Höhepunkt. Die Cardónes-Kakteen sind einfach wahnsinnig beeindruckend. Nicht selten sind sie weit verzweigt und über 10 m hoch. Daneben zelten zu dürfen ist schon ein tolles Erlebnis. Aber ständig scharfes Auf und Ab und hartnäckiger Gegenwind lassen die schlappe Höhe von 879 m zur Herausforderung werden. Am Morgen habe ich noch verkündet: "Also nach meiner Karte geht es jetzt tendenziell nur noch bergab!". Doch am Abend blicken wir auf eine ständige Bergkraxelei zurück. Und überhaupt möchte ich wissen, welcher Witzbold diesen Landstrich "Baja California" (Niederkalifornien) genannt hat. Wenn man das wörtlich nimmt, müsste in Kalifornien der Mount Everest liegen.
Die Temperaturen sind im Prinzip wie erwartet, zwischen 15 und 20 Grad am Tage. Womit wir nicht gerechnet haben, ist der eiskalte Wind, der die gefühlten Temperaturen um mindestens 5 bis 10 Grad herabsetzt. Auch die Wetterstatistik lügt, die für Februar null Regentage verspricht! Schon zwei Nächte mussten wir das unangenehme Geräusch der auf die Zeltplane trommelnden Tropfen vernehmen. In den Höhenlagen der Desierto Central müssen wir an einem Morgen sogar Eis von der Zeltplane kratzen.
In Guerrero Negro machen wir Ruhetag - oder so was ähnliches. Whale Watching ist angesagt. Mit einem nussschalengrossen Boot fahren wir auf die Laguna Ojo de Liebre hinaus, die als Kinderstube der Grauwale einen Namen hat. Es dauert eine geraume Weile, bis wir mitten auf der Lagune die großen Säuger erblicken. Fontänen ausstoßend gleiten sie majestätisch durch die See. Als unser Boot fast stillsteht, kommen sie immer näher und reiben sich sogar am Boot. Einigen Teilnehmern der Tour gelingt es sogar, die Wale zu berühren. Die Auslöser der Kameras an Bord klicken unentwegt. Nicht weniger spannend ist ein Radausflug zu den Salzpfannen, den wir noch am Nachmittag unternehmen.
Nachdem wir noch bei einer Zeltübernachtung die rot leuchtenden Wolken hinter der Kakteenkulisse bewunderten, ziert nun keine von ihnen mehr den Himmel. Jetzt ist richtig Sommer! Die Tagestemperaturen liegen bei 25-30 Grad im Schatten, wobei Kakteenwälder nur wenig Schatten bieten. Abends sind angenehme 15-16 Grad.
Was wir im Vorfeld der Reise über mexikanische Verkehrsverhältnisse gehört haben, klang nicht sehr verlockend. In der Hoffnung, dass es doch nicht so schlimm wird, gehen wir mit einem guten Helm auf dem Kopf an den Start. Sicher ist sicher! Die ersten Tage denken wir noch, dass wir Glück haben, am Sonntag zu starten. Mittlerweile sind wir überzeugt, dass die Reiseberichte, die wir gelesen haben, in anderen Weltgegenden gespielt haben müssen. Nachdem wir 1300 km auf der Mex 1 geradelt sind, würden wir uns alle mexikanischen Truckfahrer auf Deutschlands Straßen wünschen, dann könnte man auch dort wieder entspannt Rad fahren. Es ist einfach fantastisch, wie rücksichtsvoll sich der motorisierte Verkehr uns gegenüber verhält.
San Ignacio ist nicht nur die erste Ortschaft im typischen spanischen Kolonialstil. San Ignacio ist eine Oasenstadt, die mit einem kilometerlangen Oasensee punktet, der von tausenden Palmen gesäumt ist. Auch Mulegé und Loreto sind von ihrer Kolonialgeschichte geprägt, und verkörpern den Typ Stadt, den wir am Anfang der Reise vermisst haben. Vor uns liegt nun die Sierra de la Gigante, wobei das "Gigante" wörtlich zu nehmen ist. Dann geht´s tendenziell nur noch bergab. Aber immer wieder sind ein paar saftige Anstiege zu meistern, ehe wir die Hafenstadt La Paz erreichen. In La Paz feiert man gerade Karneval. Das ist sicher nicht so wie in Rio, heißt hier aber Rummel auf allen Plätzen und Straßen incl. der kilometerlangen Strandpromenade. Ein paar Tage Zeit bleiben uns noch, um das Flair der Stadt aufzunehmen und noch eine kleine Rundtour durch die Berge der Umgebung zu drehen.
Mit Besorgnis lesen wir in unserem Reiseführer, dass man sich bei der Einreise auf dem Landweg tunlichst um den Ausreisestempel der USA kümmern soll. Nun, auf der Rückreise, stehen wir mit Schweißperlen auf der Stirn am Einreiseschalter des Flughafens Charlotte. Doch ohne eine Miene zu verziehen hört die personifizierte Staatsgewalt unsere Entschuldigung an und – fertigt uns ab wie alle anderen auch.
Insgesamt haben wir auf der Tour 1898 km zurückgelegt und mussten dabei 11.928 Höhenmeter erklimmen. Einen Plattfuß hatten wir nicht zu beklagen, obwohl unsere Strecke reichhaltig von Kakteenstacheln gesäumt war.
Weitere Informationen über meine Fahrradreisen
gibt es hier: www.lilu.tk
Dr. Lutz Gebhardt, Ilmenau
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